Vratislav II. (* um 1035; † 14. Januar 1092, begraben auf Vyšehrad) war ein herrschender Fürst, später auch König von Böhmen und gehörte zum Geschlecht der Přemysliden.
Er wurde als Sohn des Břetislav I. geboren. Seine Mutter Judith von Schweinfurt stammte als Tochter des Heinrich von Schweinfurt aus dem Haus der Babenberger.
Nach dem Tod des Vaters (1055) sollte Vratislav II. als Teilfürst in Mähren (Olmütz) regieren. Er musste jedoch wegen Auseinandersetzungen mit seinem älteren Bruder, Spytihněv II., nach Ungarn fliehen. Mit ungarischer Hilfe wurde er wieder Herzog von Mähren-Olmütz.
Nach der Versöhnung mit dem Bruder und nach dessen Tod (1061) bestieg Vratislav II. den Fürstenstuhl in Prag. Fast die gesamte Regierungszeit Vratislav II. war von Zwistigkeiten mit den jüngeren Brüdern geprägt. Vratislav drängte seinen Bruder Jaromir 1068 in das Amt des Bischofs von Prag und begann sofort, diese Position zu schwächen; vor allem durch die Erneuerung des Bistums Olmütz (1063). Allerdings fand Jaromir im böhmischen Adel zahlreiche Unterstützer, die während der gesamten Regierungszeit Vratislavs eine ständige Opposition bildeten.
Ein besonderes Augenmerk richtete Vratislav II. auf Mähren. Er teilte das Land in zwei Hälften, die er den jüngeren Brüdern Konrad I. und Otto I. als Teilfürstentümern überließ. Die Erhebung von Olmütz zum Bistum hatte auch den Zweck, Mähren zu stärken.
Vratislav II. verlegte seine Residenz von der Prager Burg nach Vyšehrad, wo er das berühmte Kollegiatkapitel (Prag) gründete (1070). Um seine Macht im Innern zu festigen, suchte er Unterstützung von außen und bediente sich dabei vor allem der Heiratspolitik. Seine erste Frau war die ungarische Prinzessin Adelheid. Deren Tod ermöglichte den Versuch, die traditionell schlechten böhmisch-polnischen Beziehungen durch eine Eheschließung mit der polnischen Prinzessin Swatawa zu verbessern. Der Versuch blieb aber erfolglos. 1070 und 1071 kam es zu mehreren Zwischenfällen im Grenzgebiet der beiden Reiche. Da es sich sowohl bei Böhmen als auch bei Polen um Vasallen des deutschen Königs handelte, zitierte Heinrich IV. im Herbst 1071 Vratislav und Boleslaw von Polen nach Meißen, um sie zu einem Friedensschluss zu zwingen. Dieser hatte jedoch keinen Bestand. Vermutlich unternahm Boleslaw schon bald einen Raubzug nach Böhmen, den Heinrich 1072 mit einem Kriegszug beantworten wollte, es aber wegen Auseinandersetzungen im Reich und mit dem Papst nicht konnte.
Dennoch band Vratislav sich eng an Heinrich IV.. Er gehörte zu den wichtigsten Unterstützern Heinrichs im Kampf gegen den sächsischen Adel. So beteiligten sich die böhmischen Truppen an den Schlachten bei Homburg (1075) und Flarchheim (1080), an Kriegszügen gegen aufständischen deutschen Adel und zogen auch in Italien ein. In Böhmen brachte diese Zeit ständige bürgerkriegsähnliche Zustände. Dazu kamen Grenzkriege gegen Polen um Schlesien. Nach dem Sieg Heinrichs gegen die Sachsen bekam der böhmische Fürst 1076 die Mark Lausitz und die sächsische Ostmark zugesprochen. Allerdings vergab Heinrich beide Territorien kurz darauf anderweitig und überließ Vratislav als Entschädigung die noch zu Bayern gehörige Markgrafschaft Österreich. Vratislav versuchte vergeblich, die Reichsexekution in diesem Gebietm zu vollziehen, obwohl er am 12. Mai 1082 bei Mailberg gegen Markgraf Leopold II. siegte.
1085 musste der böhmische Fürst auch Österreich wieder abgeben, erhielt aber von Heinrich auf der Reichsversammlung in Mainz die Königswürde über Böhmen und Polen. Allerdings war nie ernsthaft daran zu denken, die polnische Königswürde auch durchzusetzen. Immerhin band der Titel Schlesien in Zukunft fester an Böhmen und stellte einen beträchtlichen Prestigegewinn dar. Am 15. Juni 1086 wurde Vratislav II. als der erste böhmische Herrscher in Prag vom Trierer Erzbischof Egilbert feierlich gekrönt.
In den letzten Jahren seiner Regierung festigte Vratislav II. seine Autorität sowohl in Böhmen als auch in Mähren. Dabei kam es zu scharfen Konfrontationen mit Konrad von Brünn und besonders mit dem ältesten Sohn Vratislavs II., Břetislav II.. Vratislavs Nachfolger mussten sich wieder mit dem Fürstentitel begnügen.
Er starb 1092 durch einen Sturz vom Pferd bei einem Jagdunfall. Aus seinen beiden Ehen mit Adelheid von Ungarn und Swatawa von Polen hinterließ er vier Söhne, die nach dem Tod des Vaters sofort um die Nachfolge zu kämpfen begannen.
Literatur
- H. Patze: Die Pegauer Annalen, die Königserhebung Wratislaws v. Böhmen Wratislaws v. Böhmen und die Anfänge der Stadt Pegau. JGMODtl 12, 1963, 1-62
- P.E. Schramm: Böhmen und das Regnum: Die Verleihung der Königswürde an die Herzöge von Böhmen (1085/86,1158,1198/1203) (Adel und Kirche. G. Tellenbach z. 65. Geb. Hrsg. J. Fleckenstein-K. Schmid, 1968), 346-364.
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